22
Jul
2010

Zurück im Bunker.

Dinge auf´s Eis legen.

Ich komme mit dem Paysan voran, ich arbeite mich durch. Bis jetzt. Nun komme ich allerdings wirklich in große Zeitnöte. Ab nächsten Montag für drei Monate beruflich unterwegs- da bleibt leider keine Zeit für die intensive Beschäftigung mit Aragons Wunderwerk. Frustrierend bis vollkommen ätzend. Ich schließe also vorerst dieses halbgare Experiment ab, (Was schrieb Marías noch gleich über Zwänge?) verschiebe das Abschreiben meiner Notizen auf einen späteren Zeitpunkt.
Zeit vergeht. Schnell.

20
Jul
2010

Weiter, weiter.

Vollkommen erfrischt wieder ans Werk. Die letzten Tage eingehend mit den verschiedenen Surrealisten beschäftigt und wieder einmal bei Dalí hängen geblieben. Ich kann behaupten, dass meine Bewunderung ins Grenzenlose schiesst.
...Faszination Gala...
Jetzt aber endlich und endlich und endlich wieder Aragon...

Spätes Rückkehren.

- Die Rückkehr aus dem Land der rauschenden Nächte, tausenden Lichter und brennenden Augen. Herr Marten hat alles geputzt und einen seiner Aussetzer gehabt. Als ich vorhin in mein Schlafzimmer trat, lag das gute Geschirr, liebevoll zugedeckt, in meinem Bett.
Es muss am Zucker liegen.
Herr Marten darf keinen Zucker essen.
Macht es aber trotzdem.
Höchstwahrscheinlich ist er selbst Schuld.
Ich habe ihn ermahnt und daran erinnert, dass Zucker bei mir Salz ist.
Bald schon wird der Himmel wieder wässrig.
Meine Wirbelsäule und mein Kopf verflechten ihren Schmerz.
Mein Hirn liegt wie eine Kanonkugel in einer Eierschale. Die Kette um meinen Hals belastet mich. Die versandete Taube sieht mich, glaube ich, mit ihren um meinen Hals baumelnden Augen an.
Heftiges Sinnfrösteln.-

16
Jul
2010

Zwischenspiel.

- Der Baum hat unruhig geschlafen, gezogen vom ungeduldigen Wind. Es war kühl und ich musste oft an meine Eisblume denken. Heute morgen ist das Wasser verdunstet, hat kleine Wolken gebildet die sich im Blattwerk verfangen haben. Ich fand das alles sehr kitschig und bin zurück in die Wohnung gegangen. Herr Marten ist nicht tot, nur stark versengt. Er hatte Kaffee gekocht. -

Mein Zug geht in einer Stunde. Heute und morgen werde ich keine Chance haben, mich weiter mit dem Paysan zu beschäftigen. Den Sonntag will ich wieder nutzen.

Für die Zugfahrt: Gedichte von Verlaine und "Mein Herz so weiß" von Javier Marías.



...Javíer Marias ist zu empfehlen...




...Verlaine auch...

15
Jul
2010

Aufgewühlt.

"Ich streichle meinen Wahn wie ein hübsches Pferd."
- Louis Aragon


- Im Kopf hallt noch der abendliche Sturm nach. Das Klirren der Fenster, die, wie die Flügel eines panischen Vogels, schlagenden Läden, das Rauschen des Wassers. Ein Großteil der Wohnung ist fortgespült worden, versank in bernsteinfarbenen Fluten. Herr Marten wurde, neben mir stehend, die Kaffeekanne in der Hand, vom Blitz erschlagen. Meine Eisblume habe ich verloren, die Kette mit den schwarzen Perlen noch um den Hals. Vorübergehend bin ich auf einen Baum gezogen, von hellem Grün umgeben. Der Wind ist ungeduldig.-

Foto-2-

Dieses Buch euphorisiert. Ein unfassbares Feuerwerk. Ich laufe durch die Wohnung, die Terrassentüren weit aufgerissen, rauche.
Jetzt schreibe ich von der Unmöglichkeit dieses wundervolle Buch in drei Tagen durchzuarbeiten. Ich will alle Bilder, alle Gedanken, alle Orte. Wäre es anders, könnte- nein - m ü s s t e ich dieses Buch auf der Stelle verbennen.

Man stolpert in dieses Buch, fällt nach wenigen Seiten und verschwindet. Das Vorwort erläutert die Grundlagen des Surrealismus. Aragon berichtet von der Wichtigkeit des Irrtums und der unnützen Diktatur der Vernunft, der es sich zu entreissen gilt. Etwas grob wiedergegeben aber hier wächst keine Inhaltsangabe.
Mehrere Male las ich die ersten beiden Seiten, unterstrich immer mehr, markierte schließlich den ganzen Text.

Dann stand ich schließlich in der Passage de l´Opéra im 1924er Paris. Die Bilder und Beschreibungen trafen mich mit einer solchen Kraft, dass ich jede Seite mindestens zweimal las und meinen Stift überhaupt nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Ich kann mich an kein Buch erinnern das mich in solcher Weise berührt und zutiefst begeistert hat. Eine Begeisterung die sich körperlich bemerkbar macht: Ich habe das Gefühl zu vibrieren, das Bedürfnis lauthals zu jubeln und diese einzigartige Ästhetik mit Luftsprüngen zu feiern. Eine heftige Erregung, die es mir in regelmäßigen Abständen unmöglich macht weiterzulesen.
Ein Beispiel muss her, ein kleines...
Ja! Das! Das ist gut: Nachdem Aragon aufgefallen ist, dass die Menschen nur einen einzigen Vergleichsausdruck für d a s B l o n d e haben, nämlich s t r o h b l o n d, macht er sich selbst auf die Suche und schreibt auf Seite 47:

"Dieses wallende Haar hatte die elektrische Blässe der Gewitter, das Matte eines auf Metall gehauchten Atems. Gleichsam ein müdes Tier, das im Wagen vor sich hindöst. Man wundert sich, das es nicht lauter war, als nackte Füße auf dem Teppich."

Nach zwei Tagen bin ich also auf Seite 55 angelangt, habe zum Glück noch einen Großteil des Buches vor mir. Es bleibt nichts anderes übrig als die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen, denkt man an mein idiotisches ursprüngliches Vorhaben das Buch in wenigen Tagen durchzu l e s e n.

Ich will weiter...

14
Jul
2010

Es ist Anfang.

- Langsam öffne ich die Augen- die Lider verbrennen sofort unter meinen Brauen. Nur ein kurzer Schmerz, bevor ich merke, dass ich schwimme. Die Bettdecke hat sich an meiner Haut festgesaugt. Etwas unsicher stehe ich schließlich. Mein Kopf schmerzt. Willkommen im Feuerland. Es riecht nach Kaffee. Herr Marten schafft es jedesmal pünktlich zu meinem Erwachen Kaffee gekocht zu haben. Für Verwunderung bleibt keine Zeit. Ich befühle die Kette um meinen Hals, die zwei schwarzen Perlen, die immer noch warm sind und denke an meine Eisblume, die ich gestern noch vorsichtig vom Bildschirm löste- sie soll mich heute etwas kühlen. -

13
Jul
2010

Es ist kurz vor Anfang.

"Heute bringe ich euch ein Rauschgift, das von den Randbezirken des Bewußtseins, von den Grenzen des Abgrunds kommt ..."

- Louis Aragon


DAS-BUCH-


- Die Sonne brennt aus einem hitzeflimmernden, blassen Himmel. Die Wolken sind vom Himmel getropft. Vor meinem Fenster zerfällt eine graue Taube zu weißem Sand. Die Augen als schwarzglänzende Perlen auf meinem Fensterbrett. Feuerland in Schweiss. -

Moment! Ich ertränke gerade noch meine halbgerauchte Zigarette in dem trüben Schweisstropfen, der sich, an meinem Kinn schwanger geworden, auf meine Brust getropft, nun vorsichtig tastend über meine Bauchdecke Richtung Leistengegend vorarbeitet.
Das Gefühl wieder zu schreiben, wieder schreiben zu können ist unfassbar!
Und in genau diesen Sekunden, in denen sich meine Fingerkuppen über die Tastatur schleppen (so heiß!) und ein weiterer Schweisstropfen, wiederum an meinem Kinn schwer und rund geworden, auf die Leertaste tropft, glaube ich doch wieder an die kathartische Wirkung des Schreibens.
Pathos! Schön! Und zwischen meinen Schläfen vielleicht sogar Wirklichkeit. Wer weiß.

Zu meinem Vorhaben: Ich werde mir zwei Tage schnappen (vielleicht auch drei, je nach Verfügbarkeit/ Bedarf), mich in meiner Wohnung vergraben, das Telefonkabel aus der Wand reissen, die Klappläden vor den Fenstern zu ziehen und lesen.
Kredenzt wird "Der Pariser Bauer" von Louis Aragon.
Ich will wissen was passiert, wenn ich mich einem zwei- bzw. dreitägigen surrealistischen Dauerfeuer aussetze.
Ich möchte im Buch versinken, mich zwischen den Buchstaben verheddern, gedankenlos im Weiss der Absätze hängen bleiben, in der Wirrnis der Träume schwimmen und -wenn es passiert, passiert es eben- ertrinken.
Vielleicht aber auch wirkungslos und ich quäle mich mühsam von Seite zu Seite, hieve meine Pupillen über die Buchstaben und bleibe vollkommen unberührt. Weiß man noch nicht.
Wenn ich allerdings an Bretons "Nadja" zurückdenke, entsinne ich mich einer, von Seite zu Seite wachsenden Begeisterung, auch wenn die Zeit, die sich, immer durstig, zwischen damals und heute geschoben hat, einen Großteil der Erinnerungen weggetrunken hat und mich geradezu dazu zwingt das schmale Büchlein in Bälde nochmal zu lesen.

- In der Zwischenzeit ist es merklich kühler geworden. Eisblumen wachsen wie weißer Farn auf meinem Bildschirm. Meine Hände blau, der Atem gefriert, Schweiss erstarrt zu Eisperlen unter meinem Scheitel. Kälteschmerz. Hektisches Suchen nach Wollmütze und Schal. Die Maus ist an meiner Hand festgefroren. -

Eine Zigarette weniger, ein paar Gedanken weiter: Unbedingt möchte ich noch klar zum Ausdruck bringen, dass ich nicht beabsichtige den "Paysan" zu rezensieren. Das sollen andere tun, das haben andere getan, das werden andere auch noch in Zukunft tun. Ich möchte lediglich über die Wirkung schreiben, die dieses Buch auf mich hat oder nicht hat.

Ich werde mindestens drei Einträge pro Tag schreiben. Morgens, mittags, abends. Uhrzeiten gibt es keine. Sowas kann ich nicht.

Genug der Worte. Morgen geht es los.
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